Angelo Tijssens – An Rändern

„Du bist stärker. Auch weniger blaue Flecken.“

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CW: Physische und psychische Gewalt, Queerfeindlichkeit

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Angelo Tijssens erhielt für seine Drehbucharbeiten diverse Auszeichnungen. Seine Fähigkeit, Emotionen pointiert atmosphärisch einzufangen, findet sich in seinem Romandebüt An Rändern wieder. Dank dessen literarischen Erfolgs gibt es bereits mehrere Übersetzungen, so nun auch ins Deutsche beim Rowohlt Verlag durch Stefanie Ochel.

Die Erzählung folgt einem jungen Mann, der erstmals wieder in seine Heimat an der Küste Flanderns zurückmuss, um über den Nachlass seiner verstorbenen Mutter zu entscheiden. Dadurch wird er mit den Traumata seiner Kindheit konfrontiert, dem psychischen und physischen Missbrauch durch seine Mutter, dem er ausgeliefert war. Zuflucht fand er in einem Mitschüler, seiner ersten Liebe. Einer Liebe, die im Verborgenen stattfinden musste, aber die ihm die einzige Geborgenheit schenkte. Diesem Mann kommt er nach all den Jahren nun wieder näher, aber bei all der Vertrautheit stellt sich auch die Frage, was sie jetzt noch füreinander sein können.

Das Zurückkehren an einen Ort, der für so gespaltene Erinnerungen steht, ist für den Protagonisten aufwühlend und für den*die Leser*in einnehmend. Die Gewalt der Mutter ist in den Fragmenten der Rückblenden erschlagend, der Schmerz, die Hilfslosigkeit und Traurigkeit des Protagonisten gehen nah. Doch in all diesem Leid der Herkunft und des Verlusts erzählt An Rändern auch von Hoffnung, von Befreiung, von einem neuen, eigenen Zuhause, von einer Zukunft.

Tijssens’ Ton ist eindringlich und sensibel, zieht die Lesenden unaufhaltsam in die Stimmung des Romans und lässt einen lange danach nicht los. Einige der Sätze sind so ergreifend, dass man beim Lesen vor Bewunderung kurz innehalten muss und sie noch lange nachhallen.

Wenn man sich die Härte der Geschichte zutraut, ist das zutiefst berührende Romandebüt Angelo Tijssens’ An Rändern sehr zu empfehlen.

von Michaela Minder

Angelo Tijssens
An Rändern
Aus dem Niederländischen von Stefanie Ochel
Rowohlt 2024
128 Seiten
22,00 Euro